Auswirkungen veränderter Mobilität auf die Straßenreinigung

„Neue Mobilität“ – hinter diesem Schlagwort verbergen sich zahlreiche Veränderungen im öffentlichen Verkehrsraum. Mehr denn je werden unter dem Aspekt, urbane Lebensräume vor Lärm, Verschmutzung und Verkehrskollaps zu schützen, Mobilitätskonzepte in den Kommunen entwickelt und umgesetzt.

Diese sind vielfältig und umfassen neben Fahrverbotszonen und angepassten Ampelsteuerungen auf stark befahrenen Straßen vor allem auch den konsequenten Ausbau von Fahrradstraßenachsen und Radwegenetzen, die Schaffung von Umweltspuren, die Nutzung von E-Scooter-Angeboten und die Einrichtung von Mobilstationen. Letztere sind zentrale Stationen, die den ÖPNV mit anderen Verkehrsangeboten, wie Leihfahrräder, Car Sharing, Taxen, aber auch Fahrradgaragen fürs eigene Fahrrad vernetzen.

Das Ziel all dieser Maßnahmen ist immer das gleiche: Durch die  Förderung alternativer Verkehrsmittel soll zum einen die Verkehrssituation entzerrt werden, zum anderen aber auch die Luftqualität und damit die Lebensqualität verbessert werden. Auf die Stadtsauberkeit und die Durchführung der Straßenreinigung hat dies ganz unterschiedliche Auswirkungen. Einerseits ist bei sämtlichen Tätigkeiten der Straßenreinigung mehr Umsicht bzw. Vorsicht geboten, da gerade in großen Städten das Aufkommen an Fahrrädern und E-Scootern in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist. Sowohl bei der maschinellen  als auch bei der manuellen Reinigung oder Freischneidearbeiten muss immer das Umfeld bzw. der Verkehrsraum überwacht werden, was bei zügig vorbeifahrenden E-Bikes und E-Scootern ein besonderes Augenmerk erfordert. Andererseits erfordern bauliche Veränderungen oder Einrichtungen eine aufwändigere und meist manuelle Reinigung.

Im Folgenden einige Beispiele dazu:

Unterwegs auf neuen Wegen – Umweltspur und Protected Bike Lane

In Essen wurde 2020 in zentraler Innenstadtlage die erste Umweltspur ausschließlich für Radfahrer*innen und Busse sowie die daran anknüpfende Protected Bike Lane errichtet. Mit dieser konnte eine wichtige Nord-Süd-Verbindung und der Anschluss an das Hauptroutennetz innerhalb Essens für Radfahrende geschaffen werden.

Bei der Protected Bike Lane handelt sich um einen baulich separierten Radweg, der durch Betonsockel von der zweispurigen Straße abgegrenzt wird und so die Radfahrer*innen schützen soll. Während die Straße zuvor drei Fahrbahnen aufwies, besteht sie nun aus zwei Fahrbahnen für Fahrzeuge und der separaten Radfahrspur. Reinigungstechnisch bedeutet dies Mehraufwand, da zusätzlich zur bisherigen Rinnenreinigung mittels Großkehrmaschine nun auch eine Kleinkehrmaschine die Protected Bike Lane reinigen muss. Aufgrund der zweigeteilten südlich Auffahrt und des angebrachten Schutzgeländers ist dies nicht durchgängig möglich. Bei Bedarf muss daher noch mal manuell nachgearbeitet werden. Aus zwei Reinigungsdurchgängen sind somit mindestens vier geworden plus eventueller manueller Nacharbeit, da auch auf der nicht maschinell zu reinigenden Auffahrt aus Sicherheitsgründen keine Scherben, Sand o.ä. liegen sollte.

Die Protected Bike Lane in Essen

Ein „Ablageproblem“ – der E-Scooter

So praktisch und attraktiv die Roller auch sind, unachtsam abgestellte bzw. abgelegte E-Scooter sind ein weit verbreitetes Ärgernis, da sie nicht nur eine Gefahr für Fußgänger und Radfahrer darstellen, sondern auch die maschinelle Flächenreinigung mittels Kleinkehrmaschine erschweren. Hier  entsteht  ein höherer zeitlicher Aufwand, da der Kleinkehrmaschinenfahrer aussteigen und den E-Scooter beiseite räumen muss oder Gehwege mangels verbleibender Durchfahrtsbreite gar nicht befahren werden können und bei Bedarf manuell bzw. später nachgereinigt werden müssen.

Die Anbieter der E-Scooter sorgen zwar dafür, dass die Kleinstfahrzeuge regelmäßig eingesammelt und aufgeladen werden, jedoch erfolgt dies in der Regel nachts, wenn keine Straßenreinigung tätig ist. Für das Abstellen am Tage ist der jeweilige Nutzer verantwortlich, was leider dazu führt, dass viele Fahrzeuge achtlos irgendwo abgelegt werden und sowohl Fuß- und Radfahrern als auch Stadtreinigern im wahrsten Sinne des Wortes im Weg stehen.

Praktische Helfer schaffen neue Herausforderungen – Mobilstationen / Fahrradbügel

Durch die steigende Zahl an Fahrradfahrer*innen werden im Stadtgebiet auch zunehmend Fahrradbügel, Fahrradgaragen und Mobilstationen mit Leihfahrrädern errichtet. Eine maschinelle Gehwegreinigung ist hier  nur eingeschränkt möglich, da die Abstellmöglichkeiten nur umfahren werden können. Für eine ordentliche Reinigung – verbunden mit einer meist notwendigen Wildkrautentfernung – ist auch hier Handarbeit gefragt. Dies bringt eine  Umplanung arbeitstechnischer Vorgänge und organisatorischer Abläufe mit sich.

Fahrradbügel in der Essener Innenstadt

Safety first – Sichere Fahrt für E-Bikes

Insgesamt ist die Zahl der E-Bikes in Privathaushalten 2021 um 1,2 Millionen auf nun 7,1 Millionen deutschlandweit gestiegen. Ausgehend vom statistischen Wert, verfügt jeder achte Haushalt über ein E-Bike. Für Essen betrachtet sind  das rund 38.000 E-Bikes. Mit der steigenden Zahl der E-Bikes steigt leider auch die Unfallgefahr. Aus diesem Grund  findet in Essen seit 2021 auch eine regelmäßige Laubentsorgung rund um das beliebte Ausflugsziel Baldeneysee und den Ruhrtalradweg statt. Den Fahrradfahrer*innen soll durch den zusätzlichen Reinigungsauftrag ein größeres Maß an Sicherheit geboten werden.

Aufgepasst!

Neben der regulären Reinigung der Straßen und Geh- bzw. Radwege ist auch bei der Papierkorb-leerung in Grünanlagen, Parks und auf Radtrassen für die Mitarbeiter der Stadtreinigungsbetriebe eine neue potentielle Gefährdung hinzugekommen. E-Bikes und E-Scooter kommen auf Geschwindigkeiten von 25 km/H und sind oft schneller da, als man denkt und es erfordert eine hohe Aufmerksamkeit bei den Mitarbeitern der Reinigung, damit es hier nicht zu Kollisionen kommt.

Das betrifft natürlich auch das vermehrte Aufkommen dieser Fahrzeuge im Berufsverkehr, da sie für viele Berufstätige eine attraktive Alternative zum Auto darstellen. können.

Fazit

Neue Mobilität bietet viele Vorteile für unsere eigene Lebensqualität als Bürger*innen unserer Städte. Verbunden damit ist aber die Notwendigkeit, auch ein neues rücksichtsvolles Miteinander zu lernen. Die gilt für alle Teilnehmer im Verkehrsraum. Und auch die Stadtreinigung muss den veränderten Bedingungen angepasst werden, um weiterhin die Stadtsauberkeit auf einem hohem Niveau zu halten.

Beitrag von Anja Wuschof, Leiterin der Straßenreinigung der Entsorgungsbetriebe Essen. Der Artikel erschien zuerst in „VKS News – Zeitschrift des VKU Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit VKS“, Ausgabe 266, 06/2022